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HEINZ-UWE HAUS
Nichts ist gesagt, bis es in Worten hinausgeträumt ist und nichts ist wahr, was nur in Worten wahr ist.
(Theologisches Sprichwort) Notizen zu Die Lämmer Abels von Clelia Ifrim
Vor mir liegt ein 80 Seiten umfassendes Lyrikbändchen einer zweisprachigen Ausgabe, die Autorin hat auf den letzten 30 Seiten ihre Gedichte aus dem Rumänischen ins Englische übersetzt (Bucuresti: Cismigiu Books, 2024, 80 Seiten). Auf diese beziehe ich mich hier. Vorsichtig, in Brechtscher Manier, lese ich eines nach dem anderen und wiederhole es, um ihrem Gestus auf die Spur zu kommen. Hin und wieder bleibe ich an Metaphern hängen, kann nicht widerstehen, mir vergleichbare ästhetische, mögliche politische und soziale Zusammenhänge vorzustellen. Suche das Merkwürdige, Ungewöhnliche, will mich wundern über das, was ich lese und was nicht geschrieben ist. Ich zwänge mich in die Lücken zwischen den Worten! Was und wer sind die Lämmer des Abel, die die Dichterin so prominent in ihrer Sammlung benennt? Geht es um das Opfertier, das wir aus der Bibel kennen? Und was hat es mit Abel auf sich, dem zweite Sohn von Adam und Eva, bezieht sie sich auf ihn? Abel war ein Hirte. Er opferte Erstlinge von seiner Herde. Dieses Opfer gefiel Gott. Dies ist die Grundlage des Opferrituals der jüdischen Religion, in dem Schafe und Lämmer, insbesondere Erstlinge, eine besondere Rolle spielen. Im „Agnus Dei “ („Lamm Gottes“) fand es seinen Weg in die christliche Religion als Symbol der Auferstehung Jesu Christi. Es fand Eingang in das christliche Brauchtum als „Osterlamm“, auch als Brot gebacken, das zur Weihe der Speisen während der Osterfeier mitgebracht wurde. Zweifelsohne, wer die Lämmer Abels in Spiel bringt, stellt sich seiner Herkunft:
„Die Stadt, aus der / die Menschen und Vögel fortgegangen sind, / wird immer kleiner, / sehr klein, / wie ein Kind, das / mit einem Lamm im Arm, / auf einer Weide, / am Fuße des Bergesschläft." (Selbstbildnis mit einem Lamm in den Armen, S. 67)
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Theologische und archäologische Quellen besagen, dass Abel und sein Bruder auf dem Berg Hermon, auch „Heiliger Berg“ genannt, wohnten, wo Abel von seinem älteren Bruder Kain erschlagen wurde. Wie wir wissen, starb Abel nicht, weil ihm der Schutz Gottes fehlte, sondern weil sein Bruder Kain diesen Schutz für sich nicht annahm - Gottes Gebot, sich zu beherrschen!
Das ist das Wesentliche, was uns die biblische Geschichte tagtäglich lehrt: Die Nähe zu Gott schützt uns nicht vor Leid und Tod. Sie ist kein Schutzbrief für uns selbst. Aber sie stärkt uns im Leben. Sie verhindert, dass wir anderen Leid zufügen. Sie hilft uns, in unserer Gesellschaft als Nachbar, als Mitmensch zu überleben. Es schützt uns davor, unsere Mitmenschen zu Opfern zu machen. Während der Ceauses- cu-Jahre in Rumänien waren es die Dichter, die es wagten, verdeckte Botschaften des Protests zu übermitteln, und während der Revolution im Dezember 1989 riskierten viele von ihnen ihr Leben auf der Straße.
Ich habe Ifrims Gedichte im Kontext der dramatischen sozialen Veränderungen gelesen, die der Fall des Kommunis- mus in Rumänien mit sich brachte, einschließlich der neu gewonnenen Redefreiheit.
„Die Dunkelheit bedeutet, / die Wurzeln zu lieben, / für sie Alphabettafeln zu machen, / und in ihrer Sprache zu schreiben, / auch ich habe hier gelebt, an diesem Ort, / sie werden lesen / und eine Zeile hinzufügen, / die du nicht kennst, / um sie zu lesen." (Shelter, S.51)
Gott hat die Dichter geschickt, so schon eine antike Überlieferung, damit sie seine Offenbarung vor der rohen Gewalt des Menschlichen schützten. Seine Lehre trägt sich als Geheimnis in die Sprache der Dichter ein. In ihr verschlüsselt sich das Göttliche, es wird zu einem erträglichen und gleichzeitig ent-zogenen Geheimnis, das nur dem zugänglich wird, der die Lücke zwischen den Worten aufsucht und der Magie der Sprache glaubt.
„Keiner von ihnen weiß, wie ich heiße, / noch kennen sie einander, / sie haben das Zeichen der Sonne auf der Stirn, / auch ich nicht." (Die Lämmer des Abel, S. 56)
Das Opfer Abels bestand im Wesentlichen darin, dass es das Licht des noch fernen Opfers Jesu Christi am Beginn der Weltgeschichte aufleuchten ließ.
Gott war also mit Abels Opfer zufrieden. Er bezeugte die Annahme seiner Opfergaben auf eindeutige Wei-se. Im ersten Buch Mose heißt es, dass Gott das Opfer Abels „ansah“, und im Hebräerbrief heißt es, dass „Gott seine Gaben bezeugte“. In beiden Fällen wird jedoch nicht gesagt, wie Gott Zeugnis ablegte. Es kann sein, dass Feuer vom Himmel fiel, wie bei anderen Gelegenheiten. Die Art und Weise, in der er dies tat, ist nicht von Bedeutung, aber die Tatsache, dass er es tat, ist von größter Wichtigkeit..............
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